3+1 Tage voller Erlebnisse

Zwar gehörte es offiziell nicht zu den Leica Erlebnistagen, jedoch begann das Event für mich insgeheim schon am Donnerstag.

Die Leica Galerie Nürnberg lud zur Vernissage von Jürgen Schadeberg ein. Die Aufnahmen des 2020 verstorbenen Fotografen schrieben Geschichte, oder besser gesagt, sie dokumentieren Geschichte. Die Galerie zeigt Bildmaterial, das bisher nur im Leica Archiv lagerte, aber noch nicht in einer Ausstellung hingen.

Es war jedoch nicht die einzige Vernissage an diesem Abend. Der Leica Store Nürnberg eröffnete gleichzeitig eine Galerie mit Bildern von Peter Karbe. Der gelernte Fotograf ist seit knapp 30 Jahren für die Entwicklung und Weiterentwicklung von Leica-Objektiven zuständig. Ich möchte behaupten, dass jeder Leica-Fotograf mindestens eines, vermutlich aber schon mehrere Objektive aus seiner Feder in der Hand hatte, beziehungsweise damit fotografiert hat.

Zugegeben, als ich am Donnerstag in den Leica Store stolperte und alle Anwesenden begrüßte, kam mir das Gesicht bekannt vor, aber es dauerte einen Moment, bis mir einfiel, dass es Peter Karbe ist. Erstmal war er einer dieser vielen coolen Typen denen ich dort seit jeher begegne. Aber das nur am Rande.

Seine Aufnahmen entstanden mit Objektiven, welche sich gerade in der Entwicklung befanden oder auch vor Produktionsbeginn getestet werden wollten. Sie sind jedoch weit mehr als einfache Leistungsbeispiele. Sie zeigen Stillleben, Landschaften und Makroaufnahmen, doch mit Worten sind sie kaum zu beschreiben. Mal zum Greifen scharf, mit einer Dreidimensionalität, die ihresgleichen sucht, mal verträumt, schon fast einem Gemälde ähnelnd.

Die Person Peter Karbe? Wissend, kernig, sympathisch! Als er sich beim Abendessen neben mich setzte, war ich ein wenig demütig. Ich hing an seinen Lippen und wusste nicht, welche Frage ich ihm zuerst stellen sollte. 

Am Ende ertappte ich mich, wie ich ihm verträumt von meinen Leica-Erlebnissen erzählte und auch dem 24mm Elmarit, das ich gerade von Sebastian zum Testen geliehen habe. „Das 24mm habe ich damals mitentwickelt“, meinte Peter nur schmunzelnd.

Stop Down For What

Der erste Erlebnistag startete dann auch gleich mit einem Vortrag von Peter Karbe. Er erklärte, warum früher 1-2 Stufen abgeblendet werden musste, aber auch, warum das heute nicht mehr notwendig ist. Er appellierte an die Teilnehmer, dass sie sich mal auf eine offenblendige Erfahrung einlassen sollten. Nur so als Empfehlung, versteht sich. Nach einer Schnellreise durch die Grundzüge der Objektiventwicklung, MTF-Kurven und ein paar anderen technischen Darlegungen folgten noch einige Bildbeispiele. Ich wusste zwar, um was es in den Grundzügen seines Vortrages gehen würde, nämlich darum, dass die Blende ein künstlerisches Element ist und nicht dazu dient, wie viel Licht auf den Sensor kommt. Aber ich habe noch dazu unfassbar viel gelernt.

Reparaturen und Sensorreinigungen

In der Kaffeepause ging es zurück in den Store. Dort war Klaus Gamber bereits fleißig am Schaffen. Zumindest würde man das in seinem Dialekt so betiteln. Klaus reparierte unermüdlich Kameras und Objektive. M2, M3, M4, M7, zahlreiche M6 gingen an diesem Wochenende durch seine Hände. Aber er konnte wirklich nahezu alles reparieren. Auch Schraub-Leicas und alle nur denkbaren Objektive von alt bis neu. Es war beeindruckend Klaus Gamber dabei zuzusehen, wie er konzentriert mit ruhiger Hand Schraube für Schraube löste und exakt wusste, welchen Schritt er als Nächstes angehen musste. Mit zum Teil eigens hergestelltem Werkzeug, löste er mit chirurgischer Präzision so gut wie jedes Problem. Mehr als 70 Sensor-Reinigungen hatte er allein bis Samstagabend durchgeführt. Wahnsinn!

Aussendienstmitarbeiter

Wieder zurück zur Eventlocation. Olaf Wolf stand auf dem Programmplan. Wie beschreibt man Olaf Wolf? Nun. Er selbst sagt, er sei gelernter Flugzeugmechaniker. Leica sagt, dass er seit über 20 Jahren ein Außendienstmitarbeiter der Firma sei. Aber in Wirklichkeit ist Olaf Wolf viel mehr als das. Er ist Fotograf, Techniker, Nerd, Enthusiast. Er begeistert sich für alles Technische rund um die Marke Leica, ist Beta-Tester und breit aufgestellt, auch wenn es um Zubehör geht. Nicht nur Leica-eigenes. So gibt er uns zum Beispiel Tipps, welches Kabel zum entfesselten Blitzen taugt, welcher Remote-Auslöser funktioniert und auch was sich so dieser Tage in der Pipeline befindet. Keine Interna, versteht sich, aber zum Beispiel eine neue Firmware für die Q3. Die Teilnehmer durften Olaf Fragen stellen. Technische, aber auch fotografische, und nicht zuletzt auch ein paar neue Bugs mit auf den Weg nach Wetzlar geben. Manche davon haben sogar ihn überrascht.

Danke, Olaf! Solltet ihr noch einen Tester suchen: „Hallo! Hier! Ich bins, der Micha!“ 

Leider musste ich nach diesem Vortrag los und konnte daher Maik Kroners Vortrag nicht ansehen. Maik bin ich aber vor, zwischen und nach den Vorträgen immer wieder begegnet. Ein sehr sympathischer Mensch, mit einem hervorragenden Auge für Szenen, die sich in Schwarz-Weiß ablichten lassen.

Meistens war es immer Glück

Der Samstag begann für mich mit einem schnellen Kaffee im Leica Store, gefolgt von Herbert Piel. Der Titel seines Vortrags „Meistens war es immer Glück“. Er nahm uns mit auf eine Reise durch sein Leben, und tatsächlich, Glück war da schon oft dabei.

So durfte er, lediglich mit einem Bademantel bekleidet, niemand anderen als den früheren Bundeskanzler Helmut Schmidt, ebenfalls nur mit einem Bademantel bekleidet, fotografieren. Nichtsdestotrotz steht Herbert Piel für einen findigen Bildjournalisten, der seine Standpunkte bewusst gewählt und clever ausgenutzt hat. Die Bilder zeigten das sehr gut. Er zeigte uns beeindruckende und geschichtsträchtige Momente, ohne sich dabei zu wichtig zu nehmen und immer gepaart mit einer Prise spitzbübischen Humor.

Hintergründe, Tipps und Gefühle in Istanbul

Den Abschluss des Samstages machte Feyzi Demirel. Feyzi ist dieser sympathische Typ, den man auch auf YouTube immer mal wieder gemeinsam mit Patrick Ludolf sieht. Er ist aber auch der Typ, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, Istanbul in allen seinen Facetten zu zeigen. So nimmt er uns auf einen fotografischen Kurztrip durch „sein Istanbul“ mit.

Anderthalb Stunden reichen nicht einmal annähernd, um die 15 Millionen Einwohnerstadt zu beschreiben. Dennoch beeindrucken mich seine Aufnahmen. Die kleinen, verwinkelten Gassen des alten Istanbuls im Kontrast zum Modernen Istanbul auf der anderen Seite der Galata Brücke.

Eine tolle Lichtstimmung, die über die zum Teil schweren Lebensbedingungen der Einheimischen hinweg täuschen könnte. Starke Persönlichkeiten, Charakterportraits inmitten romantischer kleiner Straßen. Verschiedene Religionen, unterschiedliche politische Ansichten, dicht an dicht.

Ich bin bestimmt nicht der einzige in Vortragsraum, der Istanbul bisher nicht so recht als fotografisches Reiseziel auf seiner Liste hatte, was sich an diesem Tag ändern sollte.

Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass die Frühjahrsreise 2024 des Leica Store Nürnberg nach Istanbul gehen wird. Gemeinsam mit Feyzi Demirel und dem Store kann man Istanbul erkunden. Vielleicht schaffe ich es auch dabei zu sein. Hoffentlich!

Künstliche Intelligenz versus Analoger Diavortrag. Wie bitte?

Frank Hacker gibt einen Einblick in die Bilderstellung mit Hilfe von künstlicher Intelligenz (KI). Nachdem er uns erst einmal wunderbar aufs Glatteis geführt hat, mit vermeintlichen Peter Lindberg Aufnahmen, die sich im Nachgang als künstlich erzeugte Bilder entpuppt haben, geht er auf den Entstehungsprozess ein. 

In Franks Vortrag ging es aber weniger um die moralischen Fragen, die sich daraus ergeben, als viel mehr um den reinen Umgang, das Erschaffen solcher Bilder. Zudem zeigt es, welche noch nie dagewesenen Chancen KI beim Erstellen von Bildern ermöglich. So kann man Bilder erschaffen, die unter „normalen Bedingungen“ gar nicht möglich gewesen wären. Oder auch Bilder, die unter irdischen Bedingungen gar nicht möglich sind!

Nicht nur, dass Frank es geschafft hat, dass auf den ersten Blick komplexe Thema einfach darzustellen. Er hat auch gleich einen Meilenstein im Umgang mit KI aufgezeigt. So nutzt er diese nicht nur, um das endgültige Bild zu produzieren. Er nutzt KI auch im Vorfeld um sich den Befehlssatz für den Bildgenerator erzeugen zu lassen. Smart! 

Klack-Klack zum nächsten Bild

Das absolute Kontrastprogramm dazu bildet dann Norbert Rosing mit seinem Abschlussvortrag. Er nimmt uns mit in einen kleinen Teil seines Analogarchivs. Anstatt also über einen Beamer Bilder zu betrachten, hören wir im Hintergrund das Klacken zweier Diaprojektoren. Diese werfen unfassbare Aufnahmen auf die Leinwand.

Norbert Rosing ist kein Unbekannter. Dennoch machen seine Bilder immer wieder sprachlos.

Dabei möchte ich jetzt gar nicht so sehr darauf eingehen, ob diese Bilder auch so großartig aussehen würden, wenn sie digital fotografiert wären, oder ob die Farben und Darstellungen nur so fantastisch aussehen, weil es ein analoges Dia ist. (Mist, jetzt habe ich es doch irgendwie getan). Ich habe kein großes Faible für Landschaftsfotografie, aber Norbert zeigt uns den Planeten Erde von seiner schönsten Seite. Die Szenen wirken zum Teil surreal. Es fällt mir wirklich schwer, dass zu beschreiben. Aber jeder, der einmal die Chance hat eine Ausstellung von Norbert Rosing zu besuchen, sollte das auf jeden Fall machen. Ihr werden euren Augen nicht trauen!

Ich zeige euch wie immer bewusst keine Bilder aus der Galerie, oder den Vorträgen. Es würde den Aufnahmen nicht gerecht. Ihr müsst diese mit euren eigenen Augen sehen.

Der Tag endet damit, dass wir Norbert noch eben helfen, seine Diaprojektoren und sein Equipment wieder ins Auto zu räumen. So wie wir es am Vortag auch schon zum Vortragsraum gebracht haben. Selbstverständlich versteht sich. Denn wir alle sind der Leica Store Nürnberg.

...die Punks der Leica Stores

Zitat: Herbert Piel

Mal wieder hat der Leica Store Nürnberg gezeigt, wie entspannt so ein Event sein kann. Ich bin mir sicher, dass die Mädels und Jungs des Stores lange darauf hingearbeitet haben und viel Energie und Fleiß investiert haben, um die ersten Leica Erlebnistage in Nürnberg auf die Beine zu stellen.

Aber soll ich euch was sagen? Das spürt man… und man spürt es nicht. Einerseits, war das Event hervorragend organisiert. Die Eventlocation war keine 5 Minuten vom Store entfernt. Der Raum hatte eine tolle Wohlfühlatmosphäre und gemütliche Sitzgelegenheiten. Er war weder zu groß, noch zu klein.

Gleichzeitig hat man 3+1 super zwanglose Tage erlebt. Tolle Vorträge mit perfekt gewählten Pausen, welche man in familiärer Atmosphäre inmitten des Stores und seiner Mitarbeiter verbringen durfte. Für Kaffee (und Bier ;)) war jederzeit gesorgt und da man mitten in der Altstadt war, musste man sich um sein leibliches Wohl auch keine Sorgen machen.

Neben den Hauptvorträgen konnte man mit Leica Akademie Referent Markus Klimek das SL System entdecken, bei Stadtführungen das Nürnberger Reichsparteitagsgelände, ebenso wie die Lochgefängnisse erkunden, oder aber einfach alles testen, was da im Store so in den Vitrinen steht.

Zudem hat es der Leica Store mal wieder geschafft, dass man sich wie ein Teil der Leica Familie Nürnberg fühlt. Ich habe viele tolle Menschen kennenlernen dürfen und viele spannende Gespräche geführt. Nicht nur mit den Referenten, sondern auch mit zahlreichen Teilnehmern. Schön, dass ihr alle da wart!

Michel Birnbacher hat einen herausragenden Job bei der Moderation gemacht. Das gesamte Team der Leica Galerie und des Leica Store Nürnberg haben uns ein einzigartiges, aber hoffentlich nicht einmaliges Event-Wochenende geboten.

Bis zu den Leica Erlebnistagen 2024!

Was du jetzt noch wissen musst

Vielen Dank an Klaus Gamber, dessen Fotos ich für diesen Artikel nutzen darf. Leider sind mir aus irgendeinem nicht ersichtlichen Grund meine eigenen Aufnahmen abhanden gekommen.

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